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Boppard

 

Das 2000-jährige Boppard ist in jeder Hinsicht ein interessanter Ort. Umgeben von Streuobstwiesen, Weinbergen und einem mehr als 3000 ha großen Waldgebiet liegt die Stadt, »die sich in die Berge hinein aufbaut wie ein grandioses Naturtheater« (Richard Klaphek) an der größten Rheinschleife und ist eine wahre Schatzkammer für Besucher.

Um 50 v. Chr. errichteten die Römer hier ein vicus, eine offene Straßensiedlung und nannten es nach einem benachbarten keltischen Dorf »Bodobrica«. Als im 3. und 4. Jahrhundert der Limes die vorstürmenden Franken und Alemannen nicht mehr aufhalten konnte, wurde bis 359 eine starke Festungsanlage errichtet. Dieses Kastell maß 308 mal 154 Meter, die Mauern waren über 8 Meter hoch und zwischen zwei und drei Meter stark. Insgesamt 28 halbrunde Türme waren vorgelagert. Der Standort lässt sich im Ortsbild noch gut nachvollziehen, die Mauern und Türme sind in weiten Teilen erhalten. An der Nordmauer zum Rhein befanden sich ausgedehnte Thermen- und Badeanlagen.

Anfang des 5. Jahrhunderts wurde das Kastell aufgegeben, die Bevölkerung nutzte die Anlage zu ihrem Schutz, fränkische Stämme wandern ein. Schon im 5. Jahrhundert wurde die Thermenanlage mit einer Kirche überbaut. Vom 10. bis 12. Jahrhundert war Boppard geschätzter Aufenthaltsort für die ottonischen und staufischen Könige und Kaiser, Boppard stieg zur freien Reichsstadt auf. Bis ins 12. Jahrhundert wurden dabei die Kastellreste als Stadtmauer genutzt, erst im 14. Jahrhundert wurde unter Kurfürst Balduin von Trier eine Vergrößerung der Wohnfläche und die Errichtung weiterer Mauern nötig. Balduin hatte Boppard 1312 als Pfand von seinem Bruder, König Heinrich VII. von Luxemburg, erhalten, Boppard kämpfte vergeblich um seine Freiheit, 1327 ließ Balduin die Kurfürstliche Burg als Zoll- und Zwingburg erbauen. 1497 siegte Johann von Baden, Kurfürst und Bischof von Trier über die Stadt, die unter Führung des Ritters von Schwalbach einen letzten Versuch unternommen hatte, ihren Status als freie Reichsstadt zurück zu erlangen.

Im Dreißigjährigen Krieg wechselten sich die Besetzer ab, Spanier, Schweden, Franzosen, Kaiserliche und Bayern plünderten munter vor sich hin. 1794 wird Boppard französisch, 1815 preußisch, seit 1975 besteht die Stadt aus zehn Ortsgemeinden mit rund 17.000 Einwohnern.

Boppard bietet eine Menge sehenswerter Bauten aus seiner langen und bewegten Geschichte. Der Archäologische Park an der Angertstraße zeigt 55 Meter römische Mauer mit Türmen im Originalzustand. Hier wurden auch 30 frühchristliche Gräber gefunden.

Die Pfarrkirche St. Severus erhebt sich über den römischen Thermen und der nördlichen Stadtmauerseite. Von den zwei Vorgängerbauten sind Reste erhalten, so das frühchristliche Taufbecken und der Ambo, deren Positionen im Fußboden vermerkt sind. Die heutige Kirche wurde 1236 vollendet. Charakteristisch sind die beiden gewaltigen Chorflankentürme. Das dreischiffige Innere mit seiner farbigen Fassung ist eindrucksvoll. Das hochragende Mittelschiff wird vom 16-rippigen Spinnengewölbe geprägt. Bemerkenswert ist das herrliche, spätromanische Triumphkreuz über dem Hauptaltar, sowie die frühgotische Madonna mit Kind und Lilienszepter. Die Wandmalereien berichten vom Leben des Namenspatrons, des heiligen Severus, Bischof von Ravenna. Im rechten Seitenschiff finden sich Heiligendarstellungen sowie ein Christus als Richter. Die Rückwand beherbergt mehrere frühchristliche Grabsteine, darunter der für den Diakon Besontio und seine Nichte Justiciola (5. Jahrhundert).

Neben der Kirche versucht der Bau des ehemaligen Rathauses von 1885, die italienische Renaissance wieder zu erwecken.

Wenige Schritte entfernt liegt die Kurfürstliche Burg. Sie zählt zu den wuchtigsten Wehrbauten am Mittelrhein und erzählt somit ihre eigene Geschichte. Nach der gewaltsamen Einnahme der Stadt im Jahre 1327 durch den Trierer Kurfürsten Balduin folgten jahrelange Aufstände gegen die aufgezwungene erzbischöfliche Herrschaft. Im Jahre 1340 ließ er daraufhin die Burg errichten. Der quadratischen Bergfried mit Gusslöchern und ein zwölf Meter breiter und sechs Meter tiefer Wassergraben machten den Machtanspruch Balduins überdeutlich.
Im Bopparder Krieg 1497 wurde die Burg schwer beschädigt und belagert, worauf hin die Geschütze der Burg das Bopparder Zollhaus sowie einige Wohnhäuser zerstörten.

Ende des Jahres 1499 wurde die Burg durch einen großen Brand vernichtet, man kann Brandstiftung vermuten. Mit dem Wiederaufbau wurde sofort begonnen. Bis zum 16. und 17. Jahrhundert folgten weitere, umfangreiche Baumaßnahmen und Erweiterungen, erst 1840 wurde der Burggraben zugeschüttet um einen großen Burgplatz zu gewinnen. Heute wird der Bergfried als Museum genutzt, er beherbergt eine beachtliche Sammlung von Bugholzmöbeln des in Boppard geborenen Michael Thonet (1796–1871). Im fünften Geschoss ist die Kapelle mit originalen Wandmalereien erhalten.

Wieder nur ein paar Schritte sind es zum Ritter-Schwalbach-Haus, Sitz einer im Mittelalter bedeutenden Adelsfamilie. Das Gebäude zeigt sich nach der Renovierung wieder in seiner Gestalt des 15. Jahrhunderts, daneben die Reste des Sandtores mit neugotischer Aussichtskanzel. Die Altstadt hat insgesamt neun ehemalige Adelshöfe zu bieten, sowie interessante Wohngebäude aus mehreren Jahrhunderten, nicht zuletzt die Villen und Hotelbauten des 19.

Im Nordwesten, außerhalb der Mauern, hatten sich 1265 Mönche des Karmeliterordens niedergelassen. Der heute sichtbare Klosterbau stammt aus dem Jahre 1730. Ein Schatz erster Ordnung ist die Karmeliterkirche, erbaut im 14. und 15. Jahrhundert. Das schlichte Äußere birgt eine reiche und recht geschlossen erhaltene Ausstattung. Der Hochaltar aus dem Jahre 1699 ist gerahmt von den Grabmälern des Johann von Eltz und seiner Gemahlin, bedeutende Werke der Renaissance, sowie vom Epitaph für Margarete von Eltz mit Dreifaltigkeits-Relief von 1511. Ein Höhepunkt ist das detailreich geschnitzte Chorgestühl von 1460, sowie der Priester-Dreisitz von 1470. Oberhalb der steinernen Kanzel erzählen 14 Wandgemälde des 15. Jahrhunderts die Lebensgeschichte des heiligen Alexius, rechts daneben fand der aufständische Ritter von Schwalbach seine letzte Ruhe. Die Grabplatte zeigt den vollkommenen Ritter in voller Rüstung. Die Westwand wird von der Empore dominiert, sie zeigt reiche Steinmetzarbeiten des 15. Jahrhunderts. Hier findet sich eine Pieta aus der Zeit um 1430.

Im nördlichen Seitenschiff ist der Kreuzigungsaltar sehenswert. Der Seitenschiff-Altar mit einer Abendmahls-Szene war ehemals der Hauptaltar von St. Severus. Weitere Schätze sind die barocke Maria im Rosenkranz und die außen bei der Sakristei angebrachte Trauben-Madonna von 1330.

Oberhalb der Stadt liegt das 1123 gegründete, ehemalige Benediktinerinnen Kloster Marienberg, die Klostergebäude in barocker Pracht sind erhalten.

Im 75 ha großen »Bopparder Hamm« wächst nicht nur ein mit Recht berühmter Wein, sondern auch die nur hier vorkommende »Iberis Boppardensis«, eine vom Naturforscher Michael Bach entdeckte Blume.

Neben all den sehenswerten Bauten und der bewegten Geschichte ist Boppard aber auch ein Ort mit viel Atmosphäre, um einfach nur zu schlendern, es sich gut gehen zu lassen. Eine breite Auswahl von Geschäften lockt, die Fußgängerzone bietet Straßencafés, die Rheinpromenade lädt zum Spazieren und Betrachten, und wenn sich dann der nötige Appetit eingestellt hat, findet sich in der Vielfalt der Gastronomie für jeden Geschmack das Passende. Und keinesfalls sollte man Boppard verlassen, ohne den in jeder Hinsicht ausgezeichneten Wein probiert zu haben. Wer es zudem sportlich liebt, kann Tennis oder Golf spielen, im großen Frei- und Hallenbad schwimmen oder reiten.

Sehr empfehlenswert ist die Fahrt mit der Hunsrückbahn, die einen Höhenunterschied von 350 Meter zu überwinden hat und durch fünf Tunnels und über zwei große Viadukte führt. Sie verbindet die Stadtteile Boppard und Buchholz und endet in Emmelshausen. Nicht minder interessant ist eine Tour mit der Sesselbahn zum »Vierseenblick« mit einem grandiosen Ausblick auf den Rheinbogen und über die Stadt.

Für Wanderfreunde sind die Seitentäler des Hunsrücks zu empfehlen. Das Ehrbachtal führt in 17 Kilometern von Emmelshausen bis Brodenbach an der Mosel. Die Wanderung führt zu drei bedeutenden Burgen: Die Rauschenburg über den Wassern des Ehrbaches, 1332 von Balduin erbaut als Trutz- oder Gegenburg, denn 1331 schlossen sich die Häuser Waldeck, Schöneck, Eltz und Ehrenberg zur »Eltzer Fehde« zusammen, um sich dem Vordringen Balduins auf dem Hunsrück zu widersetzen.

Heute ist sie Ruine, lässt aber die Anlage mit Innenhof, Schildmauer, Resten von Pallas und Bergfried noch gut erkennen. Die Ehrenburg, um 1125 erbaut, nach wechselvoller Geschichte im Zuge des Dreißigjährigen Krieges von den Spaniern besetzt, 1689 von den Franzosen teilweise gesprengt, ist sie seit 1991 Privatbesitz und wurde durch den gemeinnützigen »Freundeskreis der Ehrenburg e. V.« wieder aufgebaut.

Das interessanteste Gebäude aber ist die Burg Schöneck bei Windhausen. Konrad von Boppard erbaute als Ministerial der Staufer Ende des 12. Jahrhundert die Burg. Die Schönecker strebten eine vom Reich losgelöste Herrschaft an und betrieben diese Politik durch das Bekleiden hoher geistlicher Ämter. Am 9. Januar 1336 wurde die »Eltzer Fehde« durch den »Frieden von Schöneck« beendet. Ab dem 17. Jahrhundert wurde Schöneck als Schloss geführt, verfiel aber mehr und mehr. 1910 erwarb der Maler Wilhelm von Steinhausen Schloss Schöneck. Im Jahre 1929 kauften die Erben des Malers die Unterburg hinzu. Die Steinhausen-Familie bewohnt das Schloss noch immer, es ist nicht zu besichtigen, aber einmal im Jahr, zum Tag des offenen Denkmals am zweiten September Wochenende, kann man es auch von innen betrachten.

Das Baybachtal, eine enge Klamm, folgt in abwechslungsreichem Weg dem Bachbett. Ausgangspunkt ist auch hier Emmelshausen. Hier liegt die Heimstatt eines weiteren Mitglieds der »Eltzer Fehde«, Burg und Schloss Waldeck. Erbaut im Jahre 1150 unter Wilhelm I., Ritter von Heinzenberg, wurde die Burg 1242 dem Erzstift Köln zu Lehen übertragen. Die Niederburg wurde 1688 durch die Franzosen zerstört. Heute ist Burg im Besitz der »Nerother Wandervögel«, die dort auch ihren Sitz haben. Mancher erinnert sich des Namens wegen der Liederfestivals ab den 60er Jahren.

Das dritte Tal ist das Lützbachtal, 12 Kilometer durch Wald und Feld, mit der Burgruine Kastellaun aus dem 13. Jahrhundert.

 

(Textfassung aus »Der romantische Rhein« von Thomas Krämer, ©Rhein-Mosel-Verlag)

 

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